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Griechischer Anti-Minderheiten Nationalismus



Ethnische Minderheiten haben es im EU Staat Griechenland nicht leicht. Eigentlich existieren sie gar nicht, da Griechenland keine ethnischen Minderheiten im eigenen Land anerkennt. Insbesondere, aus unsere Sicht, wird die mazedonische Minderheit in Nordgriechenland unterdrückt.

Eigentlich kaum vorstellbar, aber bis vor kurzem war es in Griechenland sogar nicht erlaubt, mazedonische Lieder zu singen. Unzählige Generationen von ethnischen Mazedoniern in Nordgriechenland kennen nur die Melodie der Lieder, nicht aber deren Texte  - die zumeist vom Leid der Mazedonier klagen als das Land von Türken und Nachbarvölkern bekämpft und geteilt wurde.

ZU dieser Thematik ein kurzer Ausschnitt aus dem Werk "Language and Nationalism in Europe" von Stephen Barbour und Cathie Carmichael.




Auch die griechisch-orthodoxe Kirche spielte eine wichtige Rolle. Während der Jahrhunderte der muslimisch-türkischen Besatzung spielte sie als einzige organisierte Institution eine führende Rolle, die als Symbol griechischer Identität und Widerstands sowie als Hüterin griechischer Kultur und Nationalität fungieren konnte. Katharevousa ähnelte der Sprache der Heiligen Schrift und der Gottesdienste deutlich stärker als Dhimotiki, und jeder Angriff auf Katharevousa konnte als Angriff auf die Kirche ausgelegt werden. Daher konnte die Unterstützung von Dhimotiki als Feindseligkeit gegenüber dem Christentum, Verrat an der Nation und Unterstützung des Panslawismus wahrgenommen werden. Als 1901 eine demotische Übersetzung der Evangelien erschien, kam es in Athen zu Unruhen, bei denen acht Menschen getötet wurden. 1903 kam es nach einer Aufführung von Äschylus‘ Orestie in einer demotischen Übersetzung zu weiteren Unruhen mit einem Todesopfer. Mobs marschierten durch die Straßen Athens und riefen unter anderem „Tod den Slawen!“.

11.2.4. Sprache und Nationalismus: Die wahrgenommene Bedrohung durch Minderheitensprachen

Das moderne Griechenland war schon immer ein mehrsprachiges Land. Leider sind genaue Informationen darüber, wie vielsprachig es war und ist, nur schwer erhältlich. Dies liegt zum Teil daran, dass seit 1951 keine griechische Volkszählung mehr eine Frage zur Sprache enthielt. Es ist auch eine Folge der Verzerrung einiger wissenschaftlicher Forschungen zu diesem Thema durch den minderheitenfeindlichen griechischen Nationalismus.


Dem entspricht zweifelsohne ein ähnlicher Mangel an Objektivität bei den Autoren der Nachbarländer. Aber selbst bei akademischen Linguisten und Soziologen herrscht in den griechischen Schriften zu diesem Thema ein für europäische Verhältnisse überraschendes Maß an Paranoia. Exarchos (1992) sagt im Zusammenhang mit der mangelnden linguistischen Unterstützung der vlachischen Minderheit (siehe unten) in Griechenland ganz richtig: „Wenn man hier in Griechenland über so etwas spricht (die Erhaltung der Minderheitensprache Rätoromanisch in der Schweiz), wird man einem vorwerfen, Unruhe zu stiften, und will wissen, für welche feindliche Macht man als Geheimagent agiert“ (Übersetzung des Autors). Auch Karakasidou (1993: 17) weist mit Bezug auf die Arbeit zeitgenössischer griechischer Akademiker zur slawophonen Minderheit darauf hin: „Der extremistische und militante Ton der meisten Artikel ist alarmierend. Es fällt auf, dass ein Großteil der griechischen Rhetorik ... kaum über die vereinfachenden und reduktionistischen Vorstellungen hinausgeht, die die Balkankrise um die Jahrhundertwende entfacht haben."

Wir finden auch Verschleierungen, die dem Geist wissenschaftlicher Forschung völlig zuwiderlaufen. Andriotis (1966) beispielsweise möchte uns glauben machen, dass das griechische Mazedonien nie von Slawen durchdrungen war. Auch der griechische Außenminister leugnete 1998 auf einer offiziellen Pressekonferenz die Existenz einer mazedonischen Minderheit in Griechenland (siehe Friedman 1999: 22). Andere, etwas raffiniertere Ansätze zur slawischen Minderheit greifen auf eine gängige Formulierung zurück: „Menschen in Grenzgebieten sind oft zweisprachig.“

Es besteht zudem eine Tendenz zu einer so offensichtlichen Voreingenommenheit, dass sie kaum zu glauben ist. So berichtet uns Angelo (1979) in einer wissenschaftlichen Zeitschrift ohne jede Spur von Ironie, dass während Angehörige der slawischsprachigen Minderheit aus Nordgriechenland zwischen 1913 und 1918 nach Bulgarien auswanderten, „um der Bestrafung für die dort begangenen Gräueltaten zu entgehen“, Angehörige der griechischsprachigen Minderheiten weiter nördlich „von den Besatzungsarmeen aus Bulgarien und Jugoslawien vertrieben wurden“. 

Und auch das Konzept des multiethnischen Staates wird von einer trostlosen und illiberalen Ablehnung geplagt. So schreibt Angelopoulos (1979) in einer wissenschaftlichen Zeitschrift für ein internationales Publikum, ebenfalls ohne jede Ironie, dass „Griechenland in Europa ein Land mit praktisch idealer ethnischer, sprachlicher und religiöser Gemeinsamkeit und Einheit darstellt“. Auch gelingt es einigen griechischen Akademikern nicht, die wahre Natur von Ethnizität und Nationalität zu erkennen. Karakasidou (19) weist ganz treffend darauf hin: „Die meisten griechischen Gelehrten betrachten Ethnizität (und übrigens auch Nationalität) nicht als ein historisches Konstrukt, und viele erkennen nicht die grundlegende Wahrheit, dass die Realität – genau wie unsere kulturelle Repräsentation des ‚Selbst‘ und ‚Anderen‘ – konstruiert ist.“




Literatur: Language and Nationalism in Europe, Edited by Stephen Barbour and Cathie Carmichael