Ein wichtiges Zeugnis der makedonischen Sprache stellt das Werk von Ciro Giannelli und André Vaillant "Un lexique macédonien du XVIe siècle" (Ein Lexikon der mazedonischen Sprache des 16. Jahrhundert) dar.
Wie wir folgend sehen werden sind Passagen aus diesem Werk, welche im Dialekt aus dem 16. Jahrhundert in der Kostur Region in Ägäis Makedonien aufgezeichnet wurden, nahezu identisch mit dem gesprochenen Dialekt aus Bitola heutzutage.
Somit stellt Gianelli's und Vaillant's Werk aus dem Jahr 1958 ein wichtiges Argument in der jahrelangen Diskussion und Anfechtung der Eigenständigkeit der makedonischen Sprache dar. Diese Passagen haben 500 Jahrhunderte überlebt - Jahre der Besatzung, Terrors, Armut und der Propaganda ausgesetzt welche die Nachbarn in Makedonien betrieben. Trotz der Bemühungen Griechenlands und Bulgarien mit Eröffnung von Schulen in Makedonien die Bevölkerung zu indoktrinieren, überlebte die makedonische Sprache und zeigte sich Resistent gegenüber Einflüssen von Außen.
Folgend ein Artikel ins deutsche aus der englisch sprachigen Webseite der makedonischen Diaspora in Australien übersetzt. Nach dem Bild gibt es die Übersetzung:
Aufzeichnung der mazedonischen Sprache
Die Texte, die für die Analyse in diesem Artikel vorgestellt wurden, wurden vom Institut Detudes Slave, De L'Universite De Paris im Jahre 1958 erstellt und sind eine Studie, die auf Wörtern und Phrasen aus Makedonien im 16. Jahrhundert basiert.
Es ist eines der frühesten Manuskripte, die in einer rein mazedonischen Volkssprache geschrieben wurden, sein Inhalt wurde aus dem Dorf Bogatsko gesammelt, das in der Gegend von Kostur (Kastoria) im Südwesten von Makedonien im heutigem Nordgriechenland gefunden wurde.
Der Autor der Phrasen ist Anonym und die einzig wahrscheinliche Schlussfolgerung, die gezogen werden kann, ist, dass er die mazedonische als Muttersprache gesprochen hat, oder die Sprache erlernte, weil er in der Nähe von Menschen lebte die das makedonische sprachen.
Die Texte wurden mit dem griechischen Alphabet niedergeschrieben, dies war während der osmanischen Zeit nicht ungewöhnlich auf dem Balkan, ähnliche Beispiele zeigten die albanische und vlachische Sprache.
Mazedonien im Mittelalter
Bis Ende des 14. Jahrhunderts war Makedonien bereits seit einigen Jahrzehnten unter osmanischer Herrschaft und verlor seinen Status als Vasallenstaat unter der Führung von König Marko im Jahre 1395. Als die Region kein Gefühl mehr für Freiheit aufbringen konnte und der Drang durch den Tod von George Kastriot - Skenderbeg im Jahre 1444 entzogen wurde, hörten die Formen der lokalen Staatsstruktur in Makedonien auf zu existieren.
Die Verantwortung, die Kultur, die Sprache und die Identität der Menschen zu wahren überging an die religiösen Institutionen, die damals in Makedonien tätig waren. Der traditionelle Einfluss des Patriarchats in Konstantinopel, der während der Römerzeit vorherrschend war, war im osmanischen Reich wieder aufgetaucht, und das Patriarchat hatte als Ziel ein einziges "römisches Millet" (Verwaltungsgebiet) der orthodoxen Christen an ihre Gebiete anzuschließen. Allerdings spielten Institutionen wie das Erzbistum Ohrid und noch mehr die Hunderte von Kirchen in Mazedonien eine zentrale Rolle bei der Wahrung der lokalen Kultur, Sprache und Identität der Menschen während der Jahrhunderte der osmanischen Besatzung.
Trotz des Fehlens von schriftlichen Arbeiten über die Staatlichkeit, florierte Material des religiösen und bildenden Charakters weiterhin und die kirchenslawische, eine im wesentlichen makedonische Sprache, die ursprünglich für solche Zwecke im 9. Jahrhundert entwickelt wurde, blieb die literarische Sprache des mazedonischen Volkes. Allerdings koexistierte die Volkssprache der Makedonier und dem kirchenslawischen und im Laufe der Jahre reiften diese und zeigte eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit und Stabilität, die sich als die Sprache der Gottesdienste in Mazedonien etablierte. Die Makedonier waren mit einer ausländischen Einmischung in ihrem Land und den Institutionen konfrontiert, aber ihre Sprache war weitgehend verfestigt, so die Tatsache, dass das mazedonische aus dem 16. Jahrhundert, eine weit größere Affinität zu den makedonischen Dialekten von heute zeigt als zu dem kirchenslawischen. Für weit über ein halbes Jahrtausend ist die makedonische Sprache grundsätzlich gleich geblieben.
Wortschatz und sprachliche Merkmale
Die Texte zeigen unverwechselbare lokale Merkmale, die die Jahre hartnäckig überlebt haben und in einer Reihe von heute gesprochenen makedonischen Dialekten noch vorhanden sind. Diese Tatsache zeigt die bemerkenswerte Konsistenz der makedonischen Sprache trotz des Mangels an staatlicher Unterstützung oder Schulbildung bis zum 20. Jahrhundert. Folgend eine Stichprobe von Wörtern aus den Texten, zusammen mit sprachlichen Merkmalen, die in der Sprache der Makedonier eigen sind.
Tiere/Nahrung/Anatomie Begriffe - Mrave (Ameisen); Curvec (Wurzel), Sokol (Falke), Vrapci (Vögel), Golobi (Tauben), Kokoshki (Hühner), Petel (Hahn), Ofci (Schaf), Kozi (Ziegen), Jagne (Lamm), Mechika (Bär), Elen (Hirsch), Lisica (Fuchs), Vino (Wein), Sol (Salz), Zhito (Getreide), Koska (Knochen), Gas (Gesäß), Kuro (Penis), Made (Hoden).
Dialektale und Jat-Merkmale - In der Region um Kostur in Ägäis Makedonien werden Dialekte gesprochen, die mehrere archaische Merkmale beibehalten haben, wie z.B. das Wort Ranka (Hand) und nicht der läufige makedonische Ausdruck Raka. Ein interessanter Trend findet sich bei der Verwendung von mehreren Übergängen der Jat-Funktion, die in verschiedenen makedonischen und slawischen Dialekten vorhanden ist. Zum Beispiel verwendet der Text das Wort Dedo (Großvater) und nicht Djado, noch Hljap (Brot) und nicht Lep oder Leb.
Definitive Artikel - Der typisch makedonische Postfix-Artikel ist in Worten wie Krushata (die Birne) und Dushata (die Seele) erkennbar. Es ist auch in dem Wort Patot (der Weg) für den "Weg" enthalten, obwohl, wie der Fall von Jorgano (die Bettdecke) zeigt, das dass 't' am Ende auch fallen gelassen werden kann, wie in einigen der heutigen makedonischen Dialekte.
Wörter und Sätze, unverändert über Jahrhunderte
Mit einem reichen Glossar und über 300 Wörtern und Phrasen zeigen die Texte die Stärke der makedonischen Sprache durch Erhaltung des Wortschatzes. Im Folgenden ist ein Vergleich von zwei Sätzen aus den Texten im Buch und dem makedonischen Dialekt von Bitola, so wie er heute gesprochen qird.
Rot: Makedonischer Dialekt aus der Kostur Region im 16 Jahrhundert, heutiges Nordgriechenland (Kastoria)
Blau: Makedonischer Dialekt aus der Bitola Region, heute gesprochen
Gospodine, brate, da si zdrav, da si prost, ostavi ni da spime, ela da jame, i da pieme, dol da pojdime, da rabotime.
Gospodine, brate, da si zdrav, da si prost, ostai ne da spiame, ela da jaime, i da piame, dolu da pojdime, da rabotime.
Imate hljap-o da kupime, imate vino da kupime, ot koja strana da pojdime vo Bogasko.
Imate lep da kupime, imate vino da kupime, od koja strana da pojdime vo Bogatsko.
Wie man deutlich bemerken kann, sind die meisten Vokabeln und Grammatik identisch.
Alle Elemente, die später erforderlich waren, um das Bewusstsein des makedonische Volkes zu stärken, nachdem sie Jahrhunderte der Unterwerfung abschüttelten, waren in dieser Zeit vorhanden.
Die Sprache des Volkes hatte sich verfestigt, eine Tradition der Wappenkunde und Symbolik hatte sich entwickelt, die das Emblem eines "Rampant Lion" und historische Figuren aus der Vergangenheit Mazedoniens enthielt, und die Kirchen setzten die örtlichen Bräuche fort und dienten als Kulturzentren für die Bevölkerung.
Die Bedeutung all dieser Elemente kann nicht übertrieben werden, die Sprache des mittelalterlichen Makedoniens ist die gleiche wie die Sprache der Makedonier heute. Leider hat nur ein kleiner Teil der reichen makedonischen Literatur aus dem Mittelalter überdauert, viel von dem wurde von Besatzern geplündert als auch zerstört von griechisch sprachigen Beamten, Klerikern und Lehrern.
Trotzdem erreichte Makedonisch als Sprache ihre Form lange vor der Schaffung der Balkanstaaten im 19. und 20. Jahrhundert.
Folgend Scans aus dem Werk.
Erklärung:
Makedonisches Wort mit griechische Buchstaben - Lateinische Buchstaben
Griechische Übersetzung - Französische Übersetzung
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LITERATUR: "Un lexique macédonien du XVIe siècle" von Ciro Giannelli und André Vaillant - Archive.org LINK
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