Aus Österreich haben wir heute ein weiteres wichtiges Zeugnis in der Hand. 1913 berichtete ein Kadettenführer aus und über Mazedonien nach einer Balkanreise. Der kurze Artikel mit dem Titel "P.Miljukow über die mazedonische Frage" wurde am 1. Februar 1913 in der "Russische Rundschau" veröffentlicht.
In diesem Bericht berichtet Miljukow über den Standpunkt der Mazedonier selbst. So seien sie gegen eine Teilung Mazedoniens. Und, der mazedonische Standpunkt sei der eines einheitlichen und unteilbaren autonomen Mazedoniens, eines Mazedoniens für die Mazedonier!
Der originale Wortlaut der Meldung:
P.Miljukow über die mazedonische Frage
Petersburg. Der Kadettenführer P. Miljukow, der bekanntlich vor kurzem von einer Balkanreise zurückgekehrt ist, berichtet in der "Rjetsch" über den mazedonischen Standpunkt, der, wie er ausführt, ohne Zweifel bestehe, den aber alle Interessenten mit Ausnahme der Mazedonier selbst zu vergessen bemüht seien. Der mazedonische Standpunkt sei der eines einheitlichen und unteilbaren autonomen Mazedoniens, eines Mazedoniens für die Mazedonier, (k)einer* grundsätzlichen Teilung Mazedoniens, wie sie gegenwärtig Bulgaren, Serben und Griechen vornähmen. Mazedonien würde nach dieser Teilung kein Rechtssubjekt mehr darstellen, sondern den Gegenstand des Handels bilden. Die Teilungsidee sei zwar alt, sie sei aber eine Idee der Nachbarnationen, nicht der Mazedonier selbst.
Miljukow erzählt weiters, wie die etwa fünfzehntausend Freiwilligen, die in ihrer Heimat kämpfen wollten, nach Tschataldscha, Rodesto usw. geschickt worden seien, ihre Stimmung keineswegs rosig sei. Zu Beginn des Jahres 1912 seien die bulgarischen Professoren Geoghiow und Miletitsch nach Petersburg gekommen, um als Vertreter der revolutionären mazedonischen Organisation die Hilfe Russlands und anderer Mächte zur Erreichung von Reformen in Mazedonien zu erbitten. Es sei charakteristisch, da die beiden Genannten ihre damalige europäische Rundreise aus Sofia gerade am 29. Februar in Sofia angetreten hätten. Die beiden bulgarischen Professoren hätten hievon nicht einmal eine Ahnung gehabt. Erst am Schlusse ihrer Tournee, als sie in Paris einlangten, vernahmen sie von den dortigen Diplomaten die Andeutung, sie kämen mit ihrer Mission ein wenig verspätet. In Saloniker mazedonischen Kreisen finde man eine unruhige, aber resignierte Stimmung. Die Mazedonier würden sich wohl schließlich der Notwendigkeit fügen, Untertanen einer anderen slawischen Regierung zu werden, weniger gerne aber solche des Königs der Hellenen. Womit sich ein Mazedonier schwerlich aussöhnen werde, das sei mit seiner Entnationalisierung, wie eine solche von den Serben und Griechen bereits versucht werde.
*Anmerkung. Im originalen getippten Text ist offensichtlich ein Tippfehler. Das ist auch aus dem Manuskript erkennbar. Dort wurde eine handschriftliche Notiz hinzugefügt, dass der Satz "einer grundsätzlichen Teilung Mazedoniens, wie sie gegenwärtig Bulgaren, Serben und Griechen vornähmen" als Negierung zu verstehen ist. Demnach lautet der sinngemäße Wortlaut, im ganzen: Der mazedonische Standpunkt sei der eines einheitlichen und unteilbaren autonomen Mazedoniens, eines Mazedoniens für die Mazedonier, jedoch nicht einer grundsätzlichen Teilung Mazedoniens, wie sie gegenwärtig Bulgaren, Serben und Griechen vornähmen.
QUELLE: Russische Rundschau vom 1. Februar 1913, via Österreichische Nationalbibliothek
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