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Die Mazedonier in 'Völker Europas' von 1926

Im 1926 erschienenen Werk über die Völker Europas vom deutschen Ethnologen Dr. Richard Karutz wurden die Mazedonier damals schon als eigenständiges Volk neben Griechen, Bulgaren und Serben aufgeführt. Sehen wir uns sein Werk heute mal an.

Richard Karutz (geboren am 2. November 1867 in Stralsund; gestorben am 10. Februar 1945 in Dresden) war ein deutscher HNO-Arzt und Ethnologe. Peter Staudenmeier ordnet ihn als „führenden anthroposophischen Autor in Rassenfragen“ ein, mit offen antisemitischen Schriften, heißt es in Wikipedia als Einleitung.

Sein Interesse für die Völkerkunde enteckte er auf seinen Auslandsreisen als Schiffsarzt, in Lübeck begann er sich ethnologisch fortzubilden.


Als Militärarzt hat Karutz den Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg erlebt. 1920 lernte er nach dem Krieg Rudolf Steiner kennen, der Begründer der Anthroposophie (Wissenschaft zum Verständnis von Natur, Geist und menschlicher Entwicklung). Er wandte sich dessen Lehre zu und versuchte, mit ethnosophischen Ansätzen seine ethnologische Tätigkeit anthroposophisch nutzbar zu machen. 

Im Dritten Reich wurden seine diesbezüglichen Schriften trotz ähnlich vermutende Verwendung der Terminologie verboten und auch in der Völkerkunde fand er mit seinen Schriften keine Beachtung. Bis heute werden von der Fachwissenschaft nur seine voranthroposophischen Werke anerkannt. In den 1920er Jahren lehrte er am Goetheanum in Dornach, Kanton Solothurn in der Schweiz bis er im Jahr 1938 wegen seiner Kinder nach Dresden zog, wo er am 10. Februar 1945 verstarb. 


Die Mazedonier

In seinem Werk "Völker Europas" beschreibt er auch die Mazedonier. So lesen wir auf Seite 104 diese Beschreibung. Unter der Überschrift "Die Mazedonier " folgt zuerst die Erklärung bzw. folgen die Beschreibungen für die Bilder auf der folgenden Seite:

1. Konak in Alaklisse. 2. Hirtenhütte aus Lehm und Stroh in der Kampania, dem Tiefland nördlich von Saloniki. 3. Festungsartiges Gutshaus in Palalitza. 4. Bäuerin am Webstuhl in Usküb. 5. Bauernhof bei Usküb. 6. Dudelsack. 7. Backglocke. 8. Magische Medizin. 9./10. Votive. 11. Baumwollreiniger (Fachbogen). 12. Reitesel. 13. Töpferbrennofen bei Usküb. 14. Lehnstuhl. 15. Pflügender Bauer. 16. Brenneisen zum Marken der Schafe. 17. Räuchertopf. 18. Tondeckel für das Kohlenbecken, um die Hitze zu halten; obenauf kommt Topf oder Kaffeekanne. 

Als Bildquellen gibt Karutz an:

  • Nr. 6, 7, 8, 9, 10, 11 im Museum für Völkerkunde zu Hamburg. Nr.. 13, 16, 17 im Ethnographischen Museum zu Dresden. 
  • Nr. 4, 5, 12, 13, 16 sind Aufnahmen des Herrn Generaloberarzt Dr. Hansen in Lübeck. 



Folgend nun die Beschreibung der Mazedonier von Dr. Richard Karutz.

Die Mazedonier

Im Tieflande zwischen Albanien, Altbulgarien und Griechenland, dem alten Mazedonien, hat eine unaufhörliche friedliche und kriegerische Völkerbewegung das Rassengemisch des heutigen Mazedoniers hervorgebracht, in welchem die indogermanischen Thraker den Grundstock bilden. Zu ihm traten im Altertume noch Romanen, im Mittelalter Slaven und Bulgaren, Türken und ihre turkmenischen bzw. vorderasiatischen Mitläufer, endlich Rumänen, Griechen und die stammverwandten Albaner. Die Landflächen an der Küste und die Sumpfniederungen erhalten eine nomadisierende Viehwirtschaft, die fruchtbaren Randzonen liefern gute Erträge eines zumal Weizen und Mais ziehenden Körnerbaus, ermöglichen aber auch südliche Kulturen, wie Reis, Opium, Baumwolle. Die Hirten bauen sich flüchtige Rundhütten aus Lehm und Stroh, die Feldhüter, die hier wie auf dem ganzen Balkan den ganzen Sommer hindurch die Äcker bewachen, bienenkorbförmig oder spitzkonisch zusammengeflochtene Zweiggerüste mit dicken Strohbündeln, einfache Bauerngehöfte tragen ebenfalls ein Strohdach auf Wänden von Ziegeln und Lehm, Verbindung von Holz, Lehm und Ziegeln führt zu zweigeschossigen Fachwerkbauten (Bild 2), die im Erdgeschoß Stallungen und Vorratsräume, im Obergeschoß Wohnungen mit Veranda, Erker, Ausgußtischen enthalten, darüber ein flaches Dach aus Ziegeln tragen. Die albanische Form des viereckigen Festungsturmes kommt an größeren Gutshäusern vor (Bild 3). 

Das Innere zeigt die übliche einfache Ausstattung der Balkanwohnungen, der halbrunde Stuhl in Bild 14 erinnert an albanische Formen, seine hörnerförmigen Stützen an türkischen Einfluß. Der Webstuhl und der zum Reinigen von Wolle und Baumwolle dienende Fachbogen (Bild 11) kamen hierher wohl aus dem Orient, obwohl der letztere alteuropäisch ist (vgl. die Tafel Esten II). Die Backglocke in Bild 7, der Dudelsack in Bild 6, das Räuchergefäß in Bild 17, der Holzpflug in Bild 15, den das vom Stachel (nicht Peitsche) angetriebene Ochsengespann mittels Nackenjochs zieht, sind allgemein balkanisch. Der Reitesel in Bild 12 weist zum Orient. Bild 8—9 sind Schutzmedizinen der Pferdeschädel erinnert an Kirgisensitten, vergl. Band I dieses Atlas, Tafel Kirgisen I, Bild 13 —, die auf dem Wissen von geistigen Kräften, überall lebendig, in allem Seienden und Wesenden wirksam, magisch in gutem und schlechtem Sinn und Wollen brauchbar, beruhen. 

Literatur u. a. 

Struck, „Die makedonischen Niederlande“, in Kunde der Balkanhalbinsel, Heft 7. Grothe, „Durch Albanien und Montenegro“. Träger, „Die Jürüken und Konjaren in Makedonien“, in Zeitschrift für Ethnologie, Bd. 37. A. Haberlandt, „Kulturwissenschaftliche Beiträge zur Volkskunde Montenegros, Albaniens und Serbiens“, in Zeitschrift für österr. Volkskunde, Erg.-Bd. XII. Karutz, „Der Fachbogen“, in Kosmos 1913, Heft 11. 


Auf der Seite 106 folgt die Fortsetzung der Beschreibung, wieder zuerst folgt die Beschreibung zu den Zeichnungen auf der folgenden Seite:

  • 1. Frauen und Männer aus Westmazedonien. 2. Frau aus der Gegend von Monastir. 3. Schäfer vom Vorland des Rhodopegebirges. 
  • 4. Aus der Hand spinnende Frau. 5. Frauen aus der Gegend von Üsküb. 6. Ältere Frauen als Zuschauerinnen beim Horotanz. 
  • 7. Mazedonisches Mädchen aus Krustavo. 8. Zwei Bauern aus Glumowo bei Usküb. 

Bildquelle die von Karutz angegeben wird: Nr. 3, 6, 7 sind Aufnahmen des Herrn Generaloberarztes Dr. Hansen in Lübeck. 


Die Fortsetzung der Beschreibung.

Die Völkermischung in Mazedonien prägt sich in der Kleidung aus. Neben altillyrischen halbkugeligen Kappen, anliegenden Hosen und Bundschuhen kommen turktatarische Kopf- und Kinntücher und Schmuckketten, slavische Kopftücher, griechische Kopftücher, slavische gestickte Hemden, türkische ärmellose Jacken vor. In bunten Socken, gestickten Gürteln, silbernen Schmuckketten herrscht viel Farbenfreudigkeit und Abwechslung. Den ganz großen Reiz bringen aber die Frauenschürzen in das festliche Bild der mazedonischen Volkstracht. In allen Breiten und Längen, in Wolle, in Samt und in Seide, einfach und in Vorderund Rückenstück geteilt, gewebt und gestickt, in Streifenmusterung, in allen Farben leuchtend und schillernd beherrschen sie die Mode

Karte zeigt Mazedonier klar von den Nachbarn differenziert

Das Werk "Völker Europas" von Karutz beinhaltet auch Kartendarstellungen. Eine Karte davon ist aus mazedonischer Sicht höchst interessant, und ein wichtiges Zeugnis.

Heutzutage werden die Mazedonier immer noch negiert. Der Umstand, dass man eine politische Anerkennung als separates, eigenständiges Volk und Nation erst während des Zweiten Weltkriegs erlangte, wird von solchen Individuen als Argument vorgebracht. Diese Karte entkräftet solch eine Nichtanerkennung der Mazedonier.


Literatur: