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Venizelos und Atatürk sprachen über Mazedonier - Britischer Geheimbericht

 Nicht nur das die damaligen zwei führenden Köpfe der Türkei und Griechenland über Mazedonien gesprochen hätten, der griechische Premier Eleftherios Venizelos sagte, er wolle den Mazedonierн "Schulen und Minderheitenrechte geben"!



Ein spektakuläres Dokument hat der mazedonisch-australische Journalist Sasa Uzunov entdeckt, im Nationalen Archiv von Australien. Dort werden nicht wenige Geheimberichte des damaligen British Foreign Office aufbewahrt, diese sind mittlerweile deklassifiziert und der Öffentlichkeit zugänglich. 

Aus einem solchen Geheimbericht vom 30. September 1933 geht hervor, dass der (damalige) griechische Premierminister Venizelos genau wusste wer die Mazedonier sind - weder Serben noch Bulgaren. Mehr noch, Venizelos gibt eine ungefähre Anzahl der ethnischen Mazedonier in Nordgriechenland an, die damals noch in Nordgriechenland lebten. Es sollen an die 60.000 gewesen sein. Hierzu sollte man allerdings beachten, die Zahl scheint auf den ersten Blick gering, ist jedoch auf den Bevölkerungsaustausch aus dem Jahr 1923 geschuldet. 

Das Königreich Griechenland hatte Ägäis Makedonien, oder Südmazedonien, im Herbst 1912 besetzt und bekam es im August 1913 von den Großmächten beim s.g. Bukarester Frieden zugesprochen. Seitdem sahen sich die ethnischen Mazedonier in Nordgriechenland Repressalien ausgesetzt, bis hin zur Vertreibung. Dies sollte man bedenken wenn man die von Venizelos genannte Zahl als "Klein" betrachtet.

Venizelos mit Forderungen an serbischen König Alexander I. Karađorđević

Venizelos forderte im Gespräch auch, dass der damalige serbische König Alexander I. Karađorđević vom ("ersten") Königreich Jugoslawien die Anerkennung der Minderheit in "West-Serbien" forderte. Beziehungsweise, die Mazedonier "zufrieden zu stellen".

Des weiteren geht aus dem geheimen Bericht, verfasst von Sir G. Clerk, hervor, dass Venizelos gewillt war Schulen für die damals zur Minderheit mutierten ethnischen Mazedonier in Nordgriechenland zu eröffnen. Als auch, dass er ihnen "weitere Minderheitenrechte zugestehen will". Etwas, was den ethnischen Mazedoniern in Nordgriechenland heutzutage immer noch verwehrt wird - hierbei sollte man sich in Erinnerung rufen, Griechenland ist Mitglied der Europäischen Union und eigentlich zum Schutz seiner Minderheiten im Land verpflichtet. Stattdessen werden ethnische Mazedonier in Griechenland immer noch systematisch politisch unterdrückt.

Anbei der Ausschnitt aus dem britischen Geheimdokument, welches als Vertraulich markiert ist, mit der "Cable Number" C8743/2496/19 vom 30. September 1933 (der Bericht wurde am 6. Oktober 1933 empfangen). Die Deutsche Übersetzung findet Ihr unter dem Bild.

Anmerkungen zu den Akteuren:

Atatürk wird in dem Bericht mit dem Ehrentitel Gazi genannt, diesen hatte er im September 1921 von der türkischen Nationalversammlung erhalten, als er zum Marschall ernannt wurde.

Sir George Russell Clerk (29. November 1874 - 18. Juni 1951) war ein britischer Diplomat und Geheimer Berater, der seine Karriere als Botschafter in Frankreich von 1934 bis 1937 beendete, nach sieben Jahren als Botschafter in der Türkei, einem Jahr als Botschafter in Belgien und sieben Jahre als Botschafter in der Tschechoslowakischen Republik.

Eleftherios Venizelos war ein Politiker und Premierminister in Griechenland. Er gilt als größter Politiker Griechenlands der Neuzeit. Unter seiner Ägide wurde Kreta 1913 mit Griechenland vereint. Als Premierminister Griechenlands erweiterte er die Grenzen des jungen Staates auf seine heutige Ausdehnung in den Balkankriegen und während des Ersten Weltkrieges. Zu seinen Ehren sind überall in Griechenland Statuen von ihm aufgestellt, Straßen nach ihm benannt. Der Athener Flughafen trägt seinen Namen.

Alexander I. Karađorđević aus dem Haus Karađorđević, war von 1914 bis 1918 der Prinzregent von Serbien und von 1921 bis 1934 der König Jugoslawiens. 1929 setzte er die Verfassung außer Kraft und proklamierte die Königsdiktatur. Alexander starb durch ein Attentat. 

Sir G. Clerk to Sir John Simon

4. M. Venizelos said that he had, at the request of the Gazi (Ataturk), prolonged his stay here in the hope of seeing King Alexander (of Yugoslavia) as His Majesty cam through, but the King is now not expected to arrive here until Tuesday or Wednesday next, and he himself has to leave for Athens on Monday. He had, however, little doubt that the Gazi and Ismet Pasha would hold to the King much the same language that he himself had always used, namely, that the Yugoslav Government  should make a serious effort to content the Slav-Macedonian minority in western Serbia. M. Venizelos maintained that these people, of which Greece has a small share, not more than 60.000, are not pure Bulgarian, but something between Bulgarian and Serbian, and he had, he said, always been ready to give them Slav-Macedonian schools, and other reasonable "minority" privileges. He felt that if the Yugoslav Government could be persuaded to pursue  liberal policy in this sense, "Macedonia irredenta" would soon cease to be of use to Bulgaria as a political "slogan", the "komitaji" would lose mob-sympathy which at present makes it impossible to drive the poison out of the Bulgarian body-politic, and the Bulgarian Government would not only find itself free to work for the real improvement of its economic and political relations with its neighbours, but would find those neighbours more than ready to meet it half-way.

5. I have little doubt that the Gazi and Ismet Pasha will speak to King Alexander in this sense, but, as M. Venizelos said to me, the Serbs are a very difficult people, and he did not appear too hopeful of an early improvement in Balkan relations.


Deutsche Übersetzung:

Sir G. Clerk an Sir John Simon

4. M. Venizelos sagte, dass er auf Bitten des Gazi (Atatürk) seinen Aufenthalt hier verlängert habe, in der Hoffnung, seine Majestät König Alexander (von Jugoslawien) zu sehen, aber der König wird jetzt bis Dienstag oder nächsten Mittwoch hier nicht erwartet, und er selbst muss am Montag nach Athen aufbrechen. Er hatte jedoch wenig Zweifel, dass der Gazi und Ismet Pascha gegenüber dem König im Wesentlichen dieselbe Sprache halten würden, die er selbst immer verwendet hatte, nämlich dass die jugoslawische Regierung ernsthafte Anstrengungen unternehmen sollte, um die slawisch-mazedonische Minderheit in Westserbien zufrieden zu stellen. Minister Venizelos behauptete, dass diese Leute, von denen Griechenland einen kleinen Anteil hat, nicht mehr als 60.000, keine reinen Bulgaren, sondern etwas zwischen Bulgaren und Serben seien, und er sei immer bereit gewesen, ihnen slawisch-mazedonische Schulen zu geben, und andere angemessene "Minderheiten"-Privilegien. Er meinte, wenn die jugoslawische Regierung zu einer liberalen Politik in diesem Sinne überredet werden könnte, würde "Macedonia irredenta" Bulgarien als politischer "Slogan" bald nicht mehr nützen, der "komitaji" würde die Sympathie des Mobs verlieren, die es derzeit unmöglich macht, das Gift aus dem bulgarischen Staatswesen zu vertreiben, und die bulgarische Regierung wäre nicht nur frei, an der wirklichen Verbesserung ihrer wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu ihren Nachbarn zu arbeiten, sondern würde diese Nachbarn mehr als bereit finden, auf halbem Weg treffen.

5. Ich habe wenig Zweifel, dass der Gazi und Ismet Pascha in diesem Sinne mit König Alexander sprechen werden, aber wie mir M. Venizelos sagte, sind die Serben ein sehr schwieriges Volk, und er schien nicht allzu hoffnungsvoll auf eine baldige Besserung in den Balkanbeziehungen.

QUELLE: Nationales Archiv Australien, British Foreign Office report, NAA:A981, Greece, 6. Oktober 1933