In jeder Historie gibt es auch Figuren die zwiespältig betrachtet werden, so auch in der makedonischen Geschichte. Heute widmen wir uns einer Person, aus der neueren makedonischen Geschichte, der dieses Prädikat "zwiespältige Person" oder "zwiespältiger Held" mehr als verdient trägt.
Während eine Fraktion ihn als einer der makedonischen Helden in der glorreichen Geschichte und Tradition der IMRO betrachtet, deutet die andere Seite auf eine andere dunkle Periode in Mihajlovs leben und handeln. Dieser kollaborierte mit den Nazis im Zweiten Weltkrieg als Makedonien von den Bulgaren besetzt war, als auch schon vor dem Krieg mit den kroatischen Ustaša. Mihajlov war strikter Antikommunist, dies brachte ihn auf die Seite der Aggressoren im Zweiten Weltkrieg.
Aber zuerst über die Person Vančo Mihajlov:
Ivan Mihajlov Gavrilov
...wie er mit ganzen Namen hieß, wurde am 26. August 1896 in Novo Selo in der Gegend von Štip geboren. Als er das Licht der Welt erblickte, war die makedonische Revolutionäre Organisation VMRO, in welcher Er später aktiv sein sollte, in den Anfangstagen, die IMRO wurde im Oktober 1893 in Saloniki gegründet (auf Deutsch IMRO, Innere Makedonische Revolutionäre Organisation).
Štip und Novo Selo lagen damals im Osmanischen Reich. Er besuchte das bulgarische Gymnasium für Männer in Thessaloniki ab 1910 - die einzigen slawischsprachigen Schulen waren die der bulgarischen Kirche. Nach dem Ende des Zweiten Balkankrieges (1913) und der darauf folgenden Teilung Makedoniens und der Annexion der makedonischen Ägäis durch Griechenland, Pirin Makedoniens durch Bulgarien und Vardar Makedoniens durch Serbien beendete er seine schulische Ausbildung im serbischen Gymnasium von Skopje.
Nach seiner Schulzeit und Abschluss im Jahr 1915 mit Auszeichnung bot ihm das serbische Bildungsministerium sogar ein Stipendium an. Er hätte an jeder beliebigen Universität Europas seine Ausbildung abschließen können, doch Mihajlov lehnte ab. Er war während des Ersten Weltkriegs (1915-1918) ein Angestellter der Bulgaren in der Gemeinde Štip, und 1918 trat er für kurze Zeit in die bulgarische Armee ein.
Nach dem Waffenstillstand von Solun (1918) verließ er die Armee und begann ein Jurastudium an der Hl.-Kliment von Ohrid-Universität in Sofia. Zu diesem Zeitpunkt lud ihn Todor Aleksandrov, der damalige Führer der IMRO, ein, sein persönlicher Sekretär in der Vertretung der IMRO in Sofia zu werden. Die IMRO hatte mehrere solcher "Zadgranični komiteti", also Auslandsbüros oder "Filialen" der Organisation, in den Nachbarländern.
Zwischenzeitlich beschloss Ivan Mihajlov zusammen mit Jordan Čkartov aus Prilep und Kristo Veljanov aus Kruševo die Gründung einer Makedonischen Studentenvereinigung in Bulgarien. Mihajlov wurde zu einem der Mitbegründer und zum ersten Vorsitzenden der Studentenvereinigung „Vardar“ in Sofia.
Mihajlov steigt zum IMRO Führer auf
Nach der Ermordung seines Mentors und Freundes, des damaligen Führers der IMRO, Todor Aleksandrov, am 31. August 1924, wurde Vančo Mihajlov zum Mitglied des Zentral Komitees der IMRO gewählt. Umgehend begann er mit der Bestrafung der Mörder von Alexandrov unter den Anhängern einer linken Abspaltung der IMRO, der IMRO-Obedinena (deutsch: Vereinigte IMRO). Bekannt in der Geschichtsschreibung sind diese Vorfälle als die „Geschehnisse von Gorna-Dschumaja“ im heutigen Blagoevgrad in Bulgarien.
In den nächsten Jahren wurde er zum De-facto-Anführer der IMRO. Mihajlov war Anhänger der Taktik des individuellen Terrors.
In den 1920er und 1930er Jahren waren Aktivisten unter der Führung von Ivan Mihajlov an einer Reihe politischer Morde inner- und außerhalb Bulgariens beteiligt. Darunter war seine spätere Ehefrau Menča Karničeva, die durch die Ermordung von Todor Panitza, einem Anhänger des linken Flügels der IMRO, im Wiener Burgtheater am 8. Mai 1925 bekannt wurde. Der Anschlag wurde aufgrund seiner Morde an den IMRO-Aktivisten Boris Sarafov und Ivan Garvanov sowie der Kollaboration mit äußeren Mächten von der IMRO unter Führung Mihajlovs befohlen.
Antikommunist und gegen Russland
Eines der Hauptziele Mihajlovs neben der Befreiung Makedoniens war die Bekämpfung und Neutralisierung des russischen Einflusses auf die makedonischen Unabhängigkeitsbestrebungen, manifestiert in Form der IMRO-Obedinena.
Im Jahr 1926 heiratete er Menča Karničeva, mit der er bis zu ihrem Lebensende zusammen blieb. Im darauf folgenden Jahr ließ die Serbische Regierung den Vater und den älteren Bruder Mihajlovs ermorden, die zu jener Zeit im Königreich Jugoslawien lebten.
Nachdem Mihajlov es geschafft hatte, sich als Führer der IMRO zu behaupten, wurde er zur wichtigsten Figur im Streben zur makedonischen Unabhängigkeit. In ganz Makedonien erneuerte sich der Kampf gegen die jugoslawische (d.h. serbische) und in der Ägäis gegen die griechische Regierung bzw Besatzungsmächte.
Er plante und führte persönlich Anschläge auf Polizeistationen, Armeestützpunkte, Brücken, Gendarmeriestationen, Sprengungen von Eisenbahnlinien sowie Attentate gegen Regierungsmitglieder. Die Serben waren beunruhigt, und Aufgrund der Aktionen der IMRO stationierte das Jugoslawische Königreich eine 35.000 Mann starke Armee im besetzten Vardar Makedonien. Hinzu kamen noch Polizisten und spezielle Grenztruppen.
Dies verwandelte das gesamte Territorium Makedoniens, speziell aber Vardar Makedonien, in ein Kampfgebiet. Die Grenze zwischen Jugoslawien und Bulgarien wurde von der jugoslawischen Regierung stark befestigt. Mihajlov änderte daraufhin seine Taktik.
Für Attentate wurden sogenannte „Revolutionäre Dreier“ Angriffsgruppen gebildet. Diese führten Terroranschläge und Aktionen gegen lokale Kollaborateure der Serben durch, als auch serbische Beamten stationiert in Vardar Makedonien. Zu den bekanntesten seiner Attentäter zählen Trajčo Čundev, Ipokrat Ravigorov, Ilija Lilinkov, Ivan Momčilov und Mara Buneva.
Die Letztgenannte erlangte besonders in Skopje Heldenstatus: Nach der Affäre mit der Inhaftierung und dem Prozess gegen die makedonischen Studenten in Skopje durch die serbischen Behörden im Jahr 1927, ermordete Mara Buneva am 13. Januar 1928 aus Rache den serbischen Staatsanwalt Velimir Prelic am Kai des Flusses Vardar in der Nähe der alten Steinbrücke in Skopje. Unmittelbar nach dem Attentat erschoss sich Buneva selbst, um nicht in die Hände der serbischen Besatzungsbehörden zu fallen. Einen Tag später, am 14. Januar, erlag sie ihren Verletzungen.
Erstes Dunkles Kapitel in Mihajlovs Aktivitäten - Bündnis mit der kroatischen Unabhängigkeitsbewegung - Der Ustaša
1929 ließ König Alexander die alte Konstitution des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen, die sogenannte Vidovdan- (Sankt-Veits-Tags-) Konstitution, durch die Konstitution des neuen Königreichs Jugoslawien ersetzen. Im Gegensatz zur alten Konstitution, die zumindest formell die Rechte der Kroaten, Slowenen und anderen Bevölkerungsgruppen anerkannte (Makedonier wurden von den Serben allerdings als Südserben angesehen), erkannte die neue Konstitution nur noch die neu geschaffene jugoslawische Ethnizität an. Diese Umstände führten zur Deklaration von Sofia und damit zum strategischen Bündnis Ivan Mihajlovs mit der kroatischen Unabhängigkeitsbewegung, der kroatischen Ustaša.
Nach dem Staatsstreich am 19. Mai 1934 in Bulgarien durch die pro-serbische Sweno und der einhergehenden Verfolgung der IMRO in Bulgarien floh Mihajlov aus Bulgarien. Zuerst floh er Richtung Türkei und später Polen.
Mihajlov (zweiter v.r.) mit Kampfgefährten |
Die erste bedeutende Zusammenarbeit zwischen IMRO und der kroatisch-faschistischen Ustaša unter Ante Pavelić war das Attentat in Marseille 1934, bei dem König Alexander, der französische Außenminister Louis Barthou sowie der Attentäter Vlado Tschernosemski ums Leben kamen. Mit der Schaffung des „Unabhängigen Kroatiens“, eines Vasallenstaats der Achsenmächte, ließ sich Mihajlov 1941 in der kroatischen Hauptstadt Zagreb nieder.
Zweiter Weltkrieg - Zweites Dunkles Kapitel: Kooperation mit Hitlerdeutschland
Als überzeugter Antikommunist nahm Ivan Mihajlov während des Zweiten Weltkrieges Kontakt zum Reichsführer der SS Heinrich Himmler auf. Dieser erteilte seine Zustimmung zur Schaffung eines Bataillons von ehemaligen IMRO-Aktivisten unter deutscher Führung.
Das geplante Ziel dieser Einheiten sollte der aktive Kampf gegen kommunistische Partisanen auf dem Gebiet Jugoslawiens und Griechenlands im Dreieck Solun–Kostur/Lerin–Larissa sein. Die geplante Kampfstärke der Truppe sollte 5000 bis 8000 Mann umfassen (laut späteren Quellen sollen es nicht mehr als 3000 gewesen sein, Zahlen lassen sich nicht verifizieren).
Im August 1943 kam der alte Führer der IMRO, Ivan Mihailov, als Nichtregierungsperson aus Zagreb in Deutschland an und prüfte die Meinung der deutschen Sonderdienste zur Organisation Makedoniens als eigenständigem autonomen Staat und zur Schaffung mehrerer Bataillone regulärer Truppen, die von den deutschen Behörden bewaffnet und unter ihrer operativen Kontrolle standen.
Solche Gespräche fanden auch in Sofia zwischen Vertretern des IMRO-Zentralkomitees und hochrangigen deutschen Beamten statt. Die bulgarische Regierung war ebenfalls gut informiert. Nach Gesprächen zwischen Dimitar Tsilev und Georgi Dimchev mit deutschen Vertretern begann die Bildung von Freiwilligenteams in Voden und Lerin, wobei auch Freiwillige aus Bitola und dem Königreich Bulgarien eintrafen.
Kurz vor der Machtübernahme der Kommunisten in Bulgarien am 9. September 1944 reiste Ivan Mihajlov auf Bitten Adolf Hitlers nach Skopje, um dort einen unabhängigen Makedonischen Staat auszurufen. Weil Ivan Mihajlov allerdings erkannt, dass das Schicksal Makedoniens erneut besiegelt war und Deutschland den Krieg wohl verlieren würde, verzichtete er auf den Ausruf eines unabhängigen Makedoniens. Laut seiner Sicht wollte er der Bevölkerung Makedoniens ein weiteres sinnloses Blutvergießen ersparen.
Kurz danach verließ er Makedonien für immer und ließ sich kurzzeitig nacheinander in Ungarn, Deutschland und Spanien nieder, bis er mit Zustimmung der italienischen Regierung seinen Wohnsitz in Rom nahm, wo er 1990 in hohem Alter starb.
War Mihajlov an der Judenverfolgung beteiligt?
Seine Kollaboration mit dem Deutschen Reich bezog auch wie weiter oben erwähnt Kampfhandlungen mit ein. Aus manchen Quellen wird auch überliefert, dass Mihajlov Aktionen gegen die jüdische Bevölkerung in Ägäis Makedonien durchführte. Solche Hinweise finden wir in zeitgenössische Zeitungsberichte. So wird unter anderem Mihajlov beschuldigt, Aktionen gegen jüdische Geschäftsleute durchgeführt zu haben und von ihnen "Strafzölle" erhob und die Zahlungen auch mit Gewalt durchsetzte.
Weitere konkrete Hinweise auf eine Verstrickung in der Judenverfolgung (Vertreibung und/oder Deportation) durch Mihajlov oder seine Truppen lässt die derzeitige historische Wissenschaft vermissen. Oder sie existieren nicht ...
Rezeption:
Ivan Mihajlov gilt in der offiziellen mazedonischen und kommunistischen bulgarischen Wissenschaft als die schwärzeste Person in der Geschichte der makedonischen revolutionären Bewegung.
Den Kommunisten zufolge ist er der Mann, der es durch die Liquidation der bekanntesten makedonischen revolutionären Aktivisten schaffte, die Führung der VMRO vollständig in die Hände der "bulgarischen faschistischen Clique" zu übergeben.
Nach dem Fall des Kommunismus wurde in Sofia eine Gedenkbüste von Mihajlov errichtet. Es gibt auch eine Wachsfigur von Vančo Mihajlov im Museum des Makedonischen Revolutionären Kampfes in Skopje.
Er gilt in der offiziellen Geschichtswissenschaft in Mazedonien als "Bulgarophil". Die mazedonische und bulgarische Wissenschaft meint, Mihajlov habe die besondere nationale Identität der mazedonischen Bevölkerung nicht anerkannt, trotzdem habe er ein unabhängiges und vereintes Makedonien mit der Hauptstadt Thessaloniki schaffen wollen.
In einem CIA-Bericht von 1953 heißt es: "Abschließend kann ich sagen, dass Ivan Mihajlov ein Gangster ist, ein Terrorist, dem weder die Vereinigten Staaten noch sonst jemand vertrauen kann. Er verwaltet VMRO und MPO nur zum persönlichen Vorteil." Die MPO war eine Organisation von ausgewanderten Mazedoniern in den USA.
Literatur:
- Über Vanco Mihajlov: Wikipedia Deutsch, Mazedonisch und Bulgarisch.
- "Georgi Dimitrov: Der schrecklichste Feind der mazedonischen Bewegung ist der bulgarische Faschismus und Mihajlovs Bande!" - Antropol.mk 20. Mai 2020
- "Vancho Mihajlov erfüllte Hitlers Aufgabe nicht" Mn.mk 2. März 2011
- "Hitler's new disorder: the Second World War in Yugoslavia" von Dobroslav St. Pavlović, Columbia University Press, 2008, Seiten 238-240.
- "Der Verrat und die Attentate in der mazedonischen Geschichte", Violeta Ačkovska und Nikola Žežov, Skopje, 2004
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